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Kundenbetreuung: Mehr als nur eine nützliche Dienstleistung
Lesezeit 5 Minuten
12 Januar 2023
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12 Januar 2023
Versorgungsunternehmen auf der ganzen Welt sind dabei, sich vom reinen Rohstofflieferanten zum vertrauenswürdigen Energieberater zu wandeln. Eine solche Transformation hängt von der Fähigkeit der Energieversorger ab, über den traditionellen, transaktionsbasierten Service hinaus mit ihren Kunden zu interagieren. Dazu benötigen sie ein tiefes Kundenverständnis – und die Fähigkeit, gewonnene Erkenntnisse in Taten umzusetzen.
Wir beschäftigen uns mit dieser Veränderung in der Versorgerbranche bereits seit einigen Jahren - und nach wie vor ist es eine spannende Entwicklung. Daher habe ich ein ganz besonderes Interesse an den Ergebnissen der Accenture-Studie „End-to-Endless Customer Service“ – eine globale, branchenübergreifende Untersuchung, die sowohl B2C- als auch B2B-Kunden mehrerer Branchen umfasst.
Die darin gewonnenen Erkenntnisse bestätigen, dass branchenübergreifend jedes fünfte Unternehmen – und 15% der Energieversorger – ihre Kundenbetreuung nicht länger als effizienzorientierten, problemlösungsbasierten Kostenfaktor handhabt. Stattdessen betrachten diese Unternehmen den Kundendienst ganz klar als Wertschöpfungsinstrument. Sie integrieren Servicekompetenz und den Wunsch nach positiven Erfahrungen bei der Kundenbetreuung in alle Front Office Prozesse und verändern damit die Kundenbetreuung von einer reaktiven zu einer regenerativen Funktion, sprich von „Etwas funktioniert nicht richtig“ zu „So können wir Ihnen ein noch besseres Angebot machen“.
Der Ansatz zahlt sich aus: Diese Unternehmen erreichen im branchenübergreifenden Vergleich das 3,5-fache Umsatzwachstum, obwohl sie durchschnittlich nur 50 Basispunkte mehr für den Kundenservice aufwenden. Bei den Energieversorgungsunternehmen liegt der Durchschnitt bei einer etwas höheren Aufwendung von 60 Basispunkten*.
Wie schaffen sie das? Wie nutzen diese stark wachsenden Unternehmen Kundenbetreuung zur Steigerung ihrer Wertschöpfung? Und: Was können andere Energieversorger aus diesem Erfolg lernen?
Nachfolgend die wichtigsten Erkenntnisse der Studie und meine Einschätzung, was diese für die Energieversorgungsunternehmen bedeuten.
Auf dem Weg zu einem vertrauenswürdigen Energieberater wird der Schlüssel zum Erfolg sein, wie schnell die Versorger servicerelevante Erkenntnisse erfassen, analysieren und danach handeln können. Häufig liegen allerdings wertvolle, servicebezogene Daten nur papierbasiert vor oder werden isoliert in unterschiedlichen Abteilungen verwahrt.
Laut den Accenture-Umfragen haben etwa drei Viertel der B2B-Kunden (77%) und B2C-Kunden (71%) ausgesagt, dass ihnen proaktive Servicelösungen wichtig sind – diese aber häufig nur wenig effektiv bereitgestellt werden. Zudem haben nur 36% der Führungskräfte aus der Kundenbetreuung berichtet, dass ihr Unternehmen bei der zukünftigen Ausrichtung des Servicebereichs Lösungen priorisiert, die das Beste für den Kunden sind.
Service neu denken - auf die Kunden ausrichten, die Lücke schließen zwischen dem, was die Kunden derzeit aufgrund der Energiekrise brauchen, und dem, was sie aktuell bekommen – ein solches Vorgehen bietet große Chancen, durch gute Kundenbetreuung Mehrwert für das Unternehmen zu generieren.
Die Preise steigen drastisch und für Produkte & Güter des täglichen Bedarfs wie Nahrung, Mobilität und Energie muss in manchen Kundensegmenten ein überproportionaler Teil des Einkommens verwendet werden.
Die Energieversorger können jetzt durch proaktive Kundenbetreuung ihren Kunden dabei helfen, Antworten auf die dringendsten Fragen rund um die Themen Versorgungssicherheit und Energiepreise zu bekommen. Das kann durch Print- oder Digital-Kampagnen über die wichtigsten Kundenkanäle erfolgen, durch Informationsveranstaltungen in Kundenzentren oder Kundenanschreiben mit Vorschlägen zur Anpassung des monatlichen Abschlags oder dem Angebot eines Zahlungsplans, der ihnen finanziell etwas Luft verschafft.
In diesem Fall setzt ein Versorgungsunternehmen seinen Kundenservice neben den klassischen Service-Aufgaben nicht dafür ein, die neueste, innovativste Energielösung oder einen neuen Tarif anzubieten sondern nutzt ihn dazu, den Kunden durch eine schwere Zeit zu helfen und damit Vertrauen aufzubauen.
Accentures Studie „End-to-Endless Customer Service“ hat ergeben, dass B2C-Kunden durchaus gerne von Mehrwert-Angeboten im Kundenservice profitieren. Tatsächlich zeigt sich auch: Je effektiver ein Kundenservice den Kunden dabei hilft, einen möglichst hohen Wertbeitrag aus den Produkten zu erzielen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Kunden mehr Produkte kaufen.
Im B2B-Bereich beauftragen viele Versorger inzwischen einen „Customer Success Manager“, zuständig für den „Kundenerfolg“ und geschaffen, um Kunden dabei zu unterstützen, ihr gekauftes Produkt oder ihren Service bestmöglich zu nutzen. Einer Studie zufolge haben bereits 95% der B2B-Kunden Unterstützung durch einen für sie zuständigen „Erfolgsmanager“. Mehr als die Hälfte der Privatkunden (54%) hätten auch gern jemanden, der sie mit diesem Ziel betreut – allerdings berichtet lediglich ungefähr ein Drittel (35%) der Privatkunden, dass sie eine derartige Unterstützung bekommen.
Diese Untersuchungsergebnisse zeigen die Kernbereiche auf in denen es Versorgern gelingen kann, ein vertrauenswürdiger Energieberater für Privathaushalte und Firmenkunden zu werden. Sie machen aber auch deutlich, dass für Energieversorger eine der vordringlichsten Herausforderungen darin besteht, digitale Erfahrungen für eine erfolgreiche Kundenbetreuung zu nutzen.
Für B2B-Kunden kann wertstiftende Betreuung beispielsweise anspruchsvolle Beratungen umfassen, wie der Energieverbrauch verbessert werden kann. Für Privatkunden könnte ein guter Berater einen Dialog anstoßen, wie sich der Stromtarif nach dem Kauf eines Elektrofahrzeugs optimieren lässt. Oder auch die möglichen, positiven, Auswirkungen eines Wechsels zu erneuerbaren Energiequellen klar darstellen. Oder die Beratung könnte digitale Elemente integrieren - etwa zu den Standardthemen in der Energieversorgung – Benachrichtigung bei Ausfällen, Warnungen bei hohen Rechnungen usw. – nur eleganter und bequemer.
Eines der faszinierendsten Ergebnisse unserer Studie ist der potenzielle Einfluss von servicebezogenen Erkenntnissen auf Produktentwicklung und Innovation. Wir haben herausgefunden, dass Unternehmen, die ihre Service-Bereiche in die Entwicklung neuer Produkte einbeziehen, ein zehnmal höheres Umsatzwachstum erzielen. Wir haben aber auch erfahren, dass lediglich 22% der Energieversorger Erkenntnisse aus dem Service-Bereich auf diese Weise nutzen.
Auf dem Weg zu einem vertrauenswürdigen Energieberater wird die Fähigkeit, die servicerelevanten Erkenntnisse zu erfassen, zu analysieren und dann danach zu handeln, der Schlüssel zum Erfolg sein. Wertvolle, servicebezogene Daten sollten digitalisiert vorliegen, damit sie abteilungsübergreifend für Analysezwecke genutzt werden können.
Wenn bei einem Energieversorger für die Entwicklung und Weiterentwicklung von Produkten immer die Abteilung zuständig war, die auch die Tarife kalkuliert, dann mangelt es möglicherweise an Bewusstsein für Kundenbedürfnisse.
Ein weiteres Beispiel sind Energieeffizienz-Audits. Viele Versorger lagern Vor-Ort-Energieberatungen durch einen fachlich ausgebildeten Experten an Dritte aus, sodass sie die Ergebnisse nicht nutzen können, um dadurch ihre Kunden besser zu verstehen.
Tiefes Kundenverständnis und eine effektivere Zusammenarbeit mit Kunden ist der Schlüssel, um als Versorgungsunternehmen vom Rohstofflieferanten zum vertrauenswürdigen Energieberater zu werden. Die Kundenbetreuung verfügt hierbei über das Potenzial für deutliche Wertschöpfung – aber nur dann, wenn das Versorgungsunternehmen die Möglichkeit nutzt und Kundenservice nicht nur als Kostenfaktor für den Geschäftsbetrieb ansieht. Ich empfehle Ihnen, unsere Studie End-to-Endless Customer Service und darin den Beispielbericht eines Energieversorgers zu lesen, der führend auf dem Gebiet des digitalen Kundendienstes der Zukunft ist.