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Verwaltung effektiv: Den Druck als Anschub genutzt

5 MINUTEN ZEIT

August 11, 2022

Die ersten Monate der Pandemie verlangten allen Menschen viel ab. Die öffentliche Verwaltung hatte ihre wichtige Aufgabe zu erfüllen, den Staat und seine Bürger durch Maßnahmen und Verordnungen zu schützen. Trotz des Drucks, der schnelles Handeln erforderte, trotz der schwerwiegenden politische Entscheidungen, bei denen immer die Balance gefunden werden musste zwischen dem, was notwendig und dem, was zumutbar ist.

Sorgsam, überlegt und doch in Windeseile mussten komplexe Verwaltungsprozesse in hohem Umfang und unter Zeitdruck digital umgesetzt werden. Zwei Projekte, bei denen das besonders gut gelang, möchten wir Ihnen heute vorstellen.

Geschützt durch die Pandemie

Die Entwicklung eines ersten Impfstoffes gegen den Erreger von COVID-19 war der erste Schritt aus der Pandemie. Der nächste Schritt war, die Wirksamkeit der Impfstoffe zu kontrollieren und Daten zu sammeln, damit die Politik bessere Entscheidungen im Umgang mit der Pandemie treffen kann.

Das Robert Koch-Institut (RKI) als zentrale Einrichtung der Bundesregierung zur Krankheitsüberwachung und -prävention stand nun vor einer wichtigen Aufgabe: Es musste im Blick haben, wie der bundesweite Impf-Fortschritt vorangeht. Ein bundesweites und zentrales Monitoring aller Impfungen musste schnellstmöglich, länder- und organisationsübergreifend möglich sein.

Schnell war klar: Es braucht eine digitale Lösung, um Informationen über die Impfungen von den impfenden Stellen – im ersten Schritt Impfzentren und mobile Impfteams – zentral zusammenzuführen, zu erfassen und zu verarbeiten. Mit der Ausweitung der Impfverordnung kamen dann Betriebe, medizinische Dienste und freie Ärzte sowie die Gesundheitsämter, Krankenhäuser und weitere Einrichtungen hinzu.

Ein Team von Accenture beriet und unterstützte das RKI bei der Planung, Konzeption, Umsetzung und Einführung der Lösung und war mit der Prüfung und Fortschrittskontrolle der Arbeiten der unterschiedlichen Parteien betraut. Nicht nur die wenig verfügbare Zeit und der koordinative Aufwand zur Integration verschiedener Projektparteien waren kritisch, auch die Belastungen durch die Pandemie und die Entwicklung einer Lösung unter Zeitdruck stellten den Projekterfolg auf die Probe.

Mitte November 2021 startete das Projekt, und nur sechs Wochen später – am zweiten Weihnachtstag – konnte das RKI verkünden, dass künftig alle verabreichten Impfungen gegen den neuartigen Erreger von COVID-19 bundesweit zentral erfasst und verarbeitet werden. Mittlerweile sind rund 184 Millionen Impfungen dort dokumentiert.

Warum war das Projekt erfolgreich trotz der schwierigen Rahmenbedingungen?

Aus unserer Sicht waren drei Elemente entscheidend für die schnelle und erfolgreiche Umsetzung in einem komplexen Umfeld:

Selbstverpflichtung und Fehlerkultur

Alle Beteiligten, von den Ärzteteams und den impfenden Stellen über das Projektteam bis hin zu den steuernden Einheiten in Bund und Ländern, hatten ein gemeinsames Ziel und den Anspruch, zusammen eine Lösung zu finden und bestmöglich umzusetzen. Das gelang, weil alle akzeptiert hatten, dass unweigerlich Fehler auftreten werden. Statt aber zu kritisieren, wurden die Probleme behoben und die Erfahrungen offen mit allen geteilt, um daraus für die Zukunft zu lernen und neu am Projekt Beteiligten zu einem reibungsloseren Start zu verhelfen.

Flexibilität bei der Lösungsfindung

Auftraggeber und Dienstleister waren bereit, neu zu denken. Viel Kreativität und Motivation entstanden dadurch, dass die Teams den Weg zur Umsetzung großflächig frei gestalten konnten – ohne durch umfangreiche Dokumente mit Anforderungen und Vorgaben eingeengt zu werden.

Vertrauen ins Gelingen

Die Rahmenbedingungen und vor allem der Zeitdruck erforderten einen hohen Vertrauensvorschuss vom RKI gegenüber den beteiligten Dienstleistern. Das wurde letztlich einer der Erfolgsfaktoren, denn mit jedem Schritt näher zur Lösung bestätigte sich diese Zuversicht.

„Das Auto bauen, während es fährt“

Ein zweites Beispiel aus der öffentlichen Verwaltung zeigt, dass digitale Lösungen auch hochkomplexe Anforderungen erfüllen können.

In einem Bundesland war eine Lösung gefragt, um die Impfteams und deren Aufgaben in mehr als 100 frisch aufgebauten Impfzentren, zuständig für rund 13 Millionen Bürger:innen, zu unterstützen. Eine komplexe Herausforderung, galt es doch sowohl die notwendigen Abläufe im Management der Impfzentren, in den Callcentern, in der Verwaltung für die Planung von Terminen und Impfstoffen als auch das medizinische Personal bei den Impfungen selber zu unterstützen. Zudem mussten mit hoher Priorität die mobilen Impfteams in die Lage versetzt werden, schnell die im Land verteilten Pflegeeinrichtungen aufzusuchen und dort die besonders vulnerablen Bürger:innen zu impfen. Als einer der Eckpfeiler der Lösung wurde ein System umgesetzt, mit dessen Hilfe die Impfzentren in der Lage waren abhängig vom vorhandenen Personal und Impfstoffbestand Termine zu planen und allen interessierten Bürger:innen über ein kombiniertes Registrierungs- und Einladungssystem in geordneter Weise anzubieten.

Jeder war sich darüber bewusst, dass die Teams in den Impfzentren so schnell, sicher und zuverlässig unterstützt werden müssen wie möglich, um die Bürger:innen zu schützen.

Durch dieses Bewusstsein, den Zeitdruck, die Verantwortung der Politiker und die Lösung, die von Accenture mit Priorität geliefert wurde, wurde dieses Projekt in Rekordtempo umgesetzt, und die Software konnte schnell von den Impfzentren genutzt werden. Das Projektbriefing fand an einem Donnerstag statt, das Team mit erfahrenen Experten von Accenture hat über das Wochenende eine mögliche Lösung erarbeitet und am Montag einen Vorschlag geliefert, der am Mittwoch von der Verwaltung freigegeben wurde. 13 Tage nach dem Startschuss wurde den Impfzentren die erste Version der Software zur Verfügung gestellt, so dass die mobilen Teams die ersten Pflegeeinrichtungen aufsuchen konnten.

Beide Beispiele zeigen, dass man Projekte schnell, effizient und gut umsetzen kann, wenn man:

  • akzeptiert, dass unweigerlich Hürden auftreten werden und eine offene Fehlerkultur lebt
  • die Möglichkeit hat, den Weg zum Ziel frei zu wählen und gemeinsam auf der Arbeitsebene zu gestalten
  • einen Vertrauensvorschuss erhält und den Rahmen bekommt, um das Vertrauen zu erfüllen

 

FAZIT

Digitalisierung, Kulturwandel, neue Arbeitsweisen und eine verbindende Steuerung sind das Momentum, das die Modernisierung der Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen vorantreibt.

Mit einer konkreten Zielsetzung und engagierter Kooperation statt detaillierter Leistungsbeschreibung, die dem Projektteam das „Wie“ vorschreibt, wird das scheinbar Unmögliche möglich. Damit gewinnt die öffentliche Verwaltung deutlich an Flexibilität, Innovationskraft und Tempo – was ihr hilft, die Anforderungen einer komplexen, digitalisierten Welt zu erfüllen.

Bleibt die Hoffnung, dass es zukünftig nicht zwingend solchen Druck und eine Pandemie braucht, um bedeutsame Projekte mit Schwung und Tempo umzusetzen.

Lassen Sie uns darüber sprechen, wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

Der Autor bedankt sich für die Mitarbeit an diesem Beitrag bei Jan Frase.

WRITTEN BY

Christian Bertmann

Managing Director – Technology, Health & Public Service, ASG