Mit digitalen Zwillingen zu autonomen Prozessen
1 Februar 2022
Lesezeit 5 Minuten
1 Februar 2022
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Vor knapp zehn Jahren wurde das Konzept Industrie 4.0 zum ersten Mal thematisiert. Inzwischen haben die meisten Fertigungsunternehmen verstanden, wie es die Arbeitswelt verändern kann. Weltweit haben zahlreiche Unternehmen Pilotprojekte gestartet. Das Ziel: den Mehrwert durch Datennutzung und -analyse überprüfen und autonome Lösungen wie die vorausschauende Wartung einsetzen, um Prozesse zu optimieren.
Die zügige Einführung von autonomen Prozessen stellt Hersteller vor zwei Herausforderungen:
Einige Hersteller nutzen Data Lakes, um alle Fertigungsdaten in einem einzigen Repository zu speichern. Diese Methode reicht jedoch nicht aus, um strukturierte Informationen bereitzustellen, wie sie für die Optimierung von End-to-End-Abläufen erforderlich sind. Daher setzen CIOs und Produktionsmanager:innen zunehmend darauf, die Daten für autonome Lösungen aus den Data Lakes sinnvoll aufzubereiten und den digitalen Zwilling damit zu füttern.
Digitale Zwillinge sind Softwaremodelle, die die Eigenschaften und das Betriebsverhalten von physischen Anlagen und Prozessen darstellen. Sie unterstützen eine bessere Entscheidungsfindung, indem sie simulieren, wie sich Anlagen bei bestimmten Eingaben verhalten.
Digitale Zwillinge ermöglichen zudem progressives Lernen und erfassen implizites Wissen. Das bietet einen entscheidenden Vorteil: Informationen können so aufbereitet und gespeichert werden, dass Ingenieur:innen und Bediener:innen sie verstehen können.
Digitale Zwillinge ebnen den Weg hin zur autonomen Fertigung, indem sie:
1. Die Mitarbeitenden einbinden
Durch Warnmeldungen und Visualierungen kann die Belegschaft bessere Entscheidungen treffen.
- Kontextinformationen für schnelleres und intelligenteres Handeln bereitstellen
- Zentrale Probleme fallorientiert lösen
- Schaffung einer grundlegenden digitalen Plattform, die sich mit dem Unternehmen weiterentwickelt
2. Von Mitarbeitenden lernen
Von Mitarbeitenden durch digitalisiertes Schwarmwissen lernen.
- Schwarmwissen in Form von strukturierten Daten extrahieren und formalisieren
- Wissensgraphen mit strukturierten und unstrukturierten Daten entwickeln
- Skalierbare Plattform und Kontrollstrukturen entwickeln
3. Menschliches Wissen integrieren
Kontextbasierte Daten mit dem Wissen der Mitarbeitenden anreichern.
- Kontextbezogene Daten durch maßgeschneiderte Erkenntnisse (deskriptive/prädiktive Analysen) anreichern
- Gesamtes System aufeinander abstimmen (Mensch und Maschine)
- Plattform in den Betrieb integrieren
4. Mensch und Maschine zusammenbringen
Die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine fördern und eine "kognitive Fabrik" entwickeln, die Vorgänge optimal steuert.
- System empfiehlt passende und optimale Abläufe (präskriptive Analytik) indem es Reaktionen von Mensch und Maschine kombiniert
- System lernt dazu und entwickelt sich ständig weiter
- Strukturierte Mitarbeiter-/Data-Science-Steuerung, um Anwendungsfälle und Erkenntnisse zu entwickeln
5. System optimieren und weiterentwickeln
Abläufe mithilfe von selbstlernenden, autonomen Closed-Loop-Systemen optimieren und weiterentwickeln
- Selbstlernende, autonome Closed-Loop-Systeme, die menschliches Verhalten erkennen, verstehen und imitieren
- Die Aufgaben und Fähigkeiten der Bediener:innen entwickeln sich mit Fokus auf komplexe Tätigkeiten und Systeme weiter.
Einer der größten Vorteile von digitalen Zwillingen ist, dass Fertigungsunternehmen die Technologie einsetzen können, ohne ihre bestehenden Lösungen zu ersetzen. So können sie schnell Mehrwert zu geringeren Kosten erzielen. Die zugrundeliegende MOM-Architektur des Unternehmens bildet dabei nach wie vor die Basis für alle Prozesse.
Durch die Implementierung eines digitalen Zwillings parallel zur bestehenden MOM-Architektur können Hersteller einen größeren Mehrwert aus ihren Technologie-Investitionen ziehen und müssen nicht die gesamte Architektur ersetzen. Mithilfe des digitalen Zwillings können Daten aus allen bestehenden Systemen erfasst und schnell und effektiv kontextualisiert werden. Je nach Komplexität des Anwendungsfalls kann schon nach drei bis sechs Monaten Mehrwert generiert werden.
Manufacturing-Execution-Systeme (MES) sind nach wie vor ein wesentlicher Bestandteil des IT-Stacks in der Fertigung. Als Antwort auf die wachsende Nachfrage nach Daten entwickeln MES-Anbieter ihre Produkte zu gut integrierten Plattformen weiter, die Qualitätsmanagementsysteme, Asset Performance Management und andere Funktionen umfassen.
Um die Implementierung zu beschleunigen und den Nutzen dieser Plattformen zu erweitern, setzen MES-Anbieter zudem auf cloudbasierte Lösungen. Die flexibleren Geschäftsmodelle ermöglichen es Herstellern nun, von großen CAPEX-Investitionen schrittweise zu OPEX-Ausgaben überzugehen, die dem Nutzen der Projekte entsprechen.
Die Cloud gibt Herstellern Werkzeuge an die Hand, die sie für die Produktionsstätte benötigen: vom Internet der Dinge (IoT) über Low-Code/No-Code, Analytics bis hin zu maschinellem Lernen. Einige Anbieter kaufen oder entwickeln eigene Tools oder gehen Partnerschaften mit öffentlichen Cloud- und IoT-Anbietern ein, um Kunden eine nahtlose Integration ihrer Produkte zu ermöglichen.
Um die Ziele der Industrie 4.0 und den Übergang hin zu autonomen Abläufen zu unterstützen, müssen Fertigungsunternehmen ihre MOM-Architektur weiterentwickeln. Nur so können sie die volle Flexibilität und Skalierbarkeit digitaler Zwillinge nutzen und die Qualität und Effizienz der Prozesse verbessern. Rüsten Sie Ihre Produktionsstätte jetzt für zukünftige Herausforderungen: mit cloudbasierten MOM-Architekturen auf Basis digitaler Zwillinge.
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