Communications, Media and Technology

Streaming am Scheideweg

November 2022

STUDIE

In Kürze

Das Streaming-Geschäft verändert sich zu Gunsten von Dienstanbietern mit „Aggregator“-Geschäftsmodell.
Der Grund: Veränderte Kunden-Erwartungen sowie Frust bezüglich der Nutzerfreundlichkeit bestehender Services.
Der Umbruch eröffnet gerade deutschen Providern neue Chancen im Wettbewerb mit US-Services.
Mit der richtigen Daten-Strategie können Dienstanbieter sich einen „Heimvorteil“ verschaffen.
Wir zeigen im Überblick, wie deutsche Provider den Weg zum Erfolg finden und beschreiten.

Wenn Streaming plötzlich nervt

Kompliziert, schwierig zu bedienen, nicht wirklich persönlich und überdies teuer: So scheinen mehr und mehr Kunden ihre Streaming-Dienste derzeit zu bewerten.

Darauf verweist zumindest eine Accenture-Umfrage unter 6.000 Verbrauchern in Nord- und Südamerika, Europa, Südafrika und dem asiatisch-pazifischen Raum.

Die darin Befragten beschreiben teils erheblichen Verbesserungsspielraum bei Dienstnutzung und -suche, der Bündelung und dem Pricing von Inhalten sowie den Inhaltsempfehlungen einzelner Anbieter.

Zusammengefasst beschreiben ihre Antworten drei übergeordnete „Ärgernisse“, die Streaming zum frustrierenden Erlebnis machen können:

„Irrfahrten“ durch den Inhalts-Dschungel

Das rasante Wachstum vieler Streaming-Dienste hat Kunden eine regelrechte Auswahlexplosion beschert – zugleich aber natürlich auch die Unübersichtlichkeit der jeweiligen Kataloge stark erhöht.

Weil viele Kunden überdies inzwischen mehr als einen Dienst benutzen, müssen sie sich inzwischen immer häufiger händisch durch die vielen Plattformen, Menüs und Filteransichten klicken, um zu finden, was sie eigentlich suchen … falls sie denn fündig werden. Das Durchsuchen der Dienste gleicht bisweilen nämlich einer führerlosen Irrfahrt durch den „Inhaltsdschungel“, wobei jeder Service einen eigenen Teil des Urwalds darstellt, mit je eigenem Zu- und Ausgang und kaum sichtbaren Dschungelpfaden.

60 Prozent der Verbraucher weltweit finden das Umhersteuern zwischen Diensten „ein wenig“ bis „sehr frustrierend“ (Abb. 1) – und zeigen überdies, dass weltweit fast jeder zweite Nutzer (44 Prozent) mehr als sechs Minuten mit der Suche zubringt.

68%

der deutschen Befragten finden das Umhersteuern zwischen Diensten „ein wenig“ bis „sehr frustrierend“.

58%

der von uns befragten Dienstnutzer finden den Einsatz einer dienstübergreifenden Suchmaschine bequemer, als gleich direkt zu einem Service zu gehen.

Ineffiziente Bundles, hohe Kosten

Die monatlichen Kosten für Streaming-Services werden für viele Kunden zunehmend zum Thema: Viele nähern sich inzwischen der Grenze dessen, was sie für Streaming auszugeben bereit sind – und treten deshalb auf die Kostenbremse.

33 Prozent der von uns weltweit befragten Kunden erklärten schon zu Zeiten der damals noch vergleichsweise niedrigeren Inflationsraten, sich künftig „etwas“ oder „stark“ einschränken zu wollen, d.h. ihre Ausgaben für Abonnements für Medien und Unterhaltung in den nächsten zwölf Monaten zu reduzieren.

Verwirrte Algorithmen, verfehlte Empfehlungen

Unvollständige oder ungenaue Empfehlungen, ungeeignete Inhalte – all das ist heute für viele Streaming-Kunden heute nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Viele Algorithmen generieren Empfehlungen auf der Grundlage eines unvollständigen Fernsehverhaltens - und diese Empfehlungen können völlig falsch sein. Da sich die Verbraucher bei der Empfehlung von Sendungen auf den Algorithmus verlassen, können sie das Modell nicht beeinflussen, es sei denn, sie wählen die Sendung selbst aus.

Selbst im datenschutzbewussten Deutschland wünscht deshalb beinah ein Drittel der Befragten, sie könnten Profile von einem Dienst zum nächsten „mitnehmen“, um Algorithmen so dienstübergreifend zu trainieren (29 Prozent).

Ein Viertel wäre überdies bereit, Providern mehr Informationen über die eigenen Präferenzen mitzuteilen, um bessere Empfehlungen zu erhalten.

Höchste Zeit für mehr Kontrolle

Wenn die beschriebenen Ärgernisse verschwinden sollen, muss sich das Streaming-Ökosystem verändern: Der Markt braucht Spieler, die sich als „Aggregatoren“ aufstellen – und ihre eigenen Kataloge innerhalb eines übergreifenden Dienstes mit denen Dritter zusammenführen. Auf diese Weise aufgestellt könnten derartige „Über-Services“ Kunden die Kontrolle über das Streaming-Erlebnis zurückgeben – indem sie die Begeisterung fürs Streaming zügig wiederherstellen, durch drei entscheidende Vorteile:

Eine einheitliche Erfahrung

Durch Vereinbarungen zur gemeinsamen Datennutzung und APIs, die den dienstübergreifenden Katalogzugang ermöglichen.

Flexiblere Bundles

Erlauben das dienstübergreifende Aussuchen von Inhalten – ganz unabhängig davon, wer diese bietet und hostet.

Bessere Personalisierung

Per in Zusammenarbeit mit Nutzern und Dienstanbietern entwickelter, übergangsloser Navigation über verschiedene Services hinweg.

Jetzt den „Heimvorteil“ sichern!

Auch wenn einzelne Dienstanbieter bereits beginnen, als Superaggregator unterschiedlicher Streaming-Plattformen und Video-Kanäle aufzutreten: Noch hat kein Unternehmen das Rennen für sich entschieden. Weshalb wir meinen: Gerade auch deutsche Dienste können und sollten sich unbedingt noch beteiligen.

Gewinnen wird nämlich, wer die Bündelung der Dienste am kundenfreundlichsten gestaltet – ein Schritt, der unter anderem viel Marktkenntnis erfordert. Eben die haben deutsche Provider ihren ausländischen Wettbewerbern voraus … gesetzt dem Fall, dass sie die eigenen Daten zügig in Erkenntnisse und Entscheidungen übersetzen können.

Wenn dies gelingt, könnten einzelne Anbieter sogar erheblich von der Bündelung profitieren, schließlich erleichtern diese die längerfristige Kundenbindung – was dann wiederum die Werbekosten der Provider senkt.

Über diesen Bericht

Der vorliegende Bericht beruht auf einer Online-Umfrage von 6.000 erwachsenen (d.h. über 18-jährigen) Streaming-Kunden aus elf Ländern, die Accenture zwischen Oktober und November 2021 durchgeführt hat. Accenture führte die Studie durch, um ein Verständnis der Vorlieben, Überzeugungen und Verhaltensweisen globaler Verbraucher in Bezug auf deren Erfahrungen mit dem Streaming von Videoinhalten zu gewinnen. Konkretes Ziel der Umfrage war, signifikante Veränderungen im bestehenden D2C-Medienumfeldsystem zu identifizieren sowie Ideen darüber zu finden, wie Streaming-Dienstleister auf besagte Veränderungen reagieren können.