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Mehr Nachhaltigkeit im Finanzwesen

3 Minuten Zeit

Dezember 5, 2022

Eine Möglichkeit zur Finanzierung des Rohstoffhandels und gleichzeitiger Beschleunigung der Energiewende?

Die Entstehung nachhaltiger Finanzierung im Handel

Seit dem Abkommen COP25 in Madrid 2019 und der Weltklimakonferenz COP26 letztes Jahr in Glasgow sieht Nachhaltigkeit im Finanzwesen wachsender Bedeutung entgegen. Im Globalen Nachhaltigkeitsbericht für Investitionen1 wird der Markt für 2020 auf 35 Billionen US-Dollar geschätzt und laut Refinitiv2sind nachhaltige Anleihen über die letzten 3 Jahre um ein Zehnfaches gestiegen.

Drei Hauptfaktoren tragen am meisten zu diesem schnellen Wachstum bei:

1. Unter dem Oberbegriff „Energiewende“ oder „grünes Finanzwesen“ haben Handelsbanken, institutionelle Fonds und Private-Equity-Firmen ihre Finanzierungspools aktiv hin zu nachhaltigen Finanzierungsstrukturen verschoben. Indem sie auf Nachhaltigkeit fokussierte KPIs und Ziele in die Finanzierungsstrukturen einbetten, hoffen sie, Unternehmen dazu zu bewegen, ambitionierte, vorher festgelegte Leistungsziele im Bereich Nachhaltigkeit zu erreichen und die Energiewende damit aktiv zu unterstützen. Eine Folge davon wird sein, dass es die klassische Handelsfinanzierung, wie wir sie bisher kannten, sehr bald nicht mehr geben wird.

2. Der Konflikt in der Ukraine zeigt Warenströme auf, insbesondere von Rohstoffen und Mineralien. Er bringt Regierungen außerdem dazu, ihre Strategie zur Unabhängigkeit in Bezug auf Energie zu überdenken und gleichzeitig neu zu bewerten, welche Art von emissionsarmer Zukunft sie anstreben. Während der Fokus auf erneuerbare Energiequellen an Zugkraft gewinnt, wird es drei bis fünf Jahre dauern, bis die Mehrzahl der erneuerbaren Anlagen in Betrieb genommen werden – zu spät, um die aktuellen Forderungen von Investoren und Aktionären zu erfüllen.

3. Gleichzeitig unterstützen Rohstoffhändler Marktteilnehmer und Regierungen aktiv dabei, sich Zugang zu Rohstoffen zu sichern, was sowohl für die Unabhängigkeit im Bereich der Energieversorgung als auch den globalen Handel essenziell ist. Um Rohstoffhandel betreiben zu können, muss der Zugang zu Finanzierung gesichert sein. Und welche Art der Finanzierung ist derzeit am häufigsten verfügbar? Die nachhaltige Finanzierung.

Wichtige Überlegungen bei nachhaltiger Handelsfinanzierung

Um nachhaltige Instrumente zur Handelsfinanzierung zu verwenden, müssen Rohstoffhändler klar und deutlich kommunizieren, wie sie die Anforderungen dieser Finanzierungsstrukturen erfüllen wollen. Eine große Hürde stellt der Mangel an einheitlichen Vorschriften in verschiedenen Rechtsordnungen dar. Industrieverbände wie der Kreditmarktverband (LMA) und der Internationale Branchenverband für Teilnehmer am Kapitalmarkt (ICMA) haben diesbezüglich bereits eine Reihe von Richtlinien veröffentlicht, um Marktteilnehmern dabei zu helfen, sich einen Weg durch die Vielfalt an Instrumenten zu bahnen und Finanzinstitute bei der Verschlankung ihres Angebotsportfolios zu unterstützen. Nachhaltige Anleihen (SLLs) sind dabei, sich als eines der bevorzugten Instrumente für Handelsunternehmen zu entwickeln.

1. Methoden standardisieren
Obwohl jeder Rohstoffmarkt anders ist, müssen Unternehmen einen ganzheitlichen Ansatz entwickeln, um den CO2-Fußabdruck ihrer Treibhausgasemissionen über ihre Wertschöpfungsketten hinweg zu messen. Solange es noch keine Referenzmethoden auf Branchenebene gibt, müssen sie selbst die Führung übernehmen und ihre eigenen Referenzmodelle für Emissionen entwickeln, wobei sie die Besonderheiten ihrer Sachwerte und Handelsabkommen berücksichtigen müssen. Es sollte auch ausgearbeitet werden, wo Emissionen direkt gemessen werden und wo sie geschätzt werden.

2. Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Daten verbessern
Zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung ist es wichtig, dass Führungskräfte einen transparenten Einblick in die Emissionsprofile haben, und zwar ab der Datenquelle. Datenzugang in nahezu Echtzeit ist entscheidend, um das Unternehmensportfolio aktiv lenken zu können. Fortschritte in der Cloud-Technologie, IoT und Fernerkundung helfen Unternehmen dabei, Informationen zeitnah zu beschaffen, zu verarbeiten und zu verteilen. Um zudem den ‘Blackbox’-Effekt zu vermeiden, müssen die den Modellen zugrunde liegenden Annahmen klar formuliert und von allen verstanden sein, vom Anwender über den Händler bis zur Führungskraft der höchsten Ebene. Die Emissionsprofile sollten anhand verschiedener Aussagewahrscheinlichkeiten berechnet werden. Durch die Einbindung dieser in Vorhandelsberechnungen werden Genehmigungen von Geschäften in Kenntnis der Sachlage und eine eventuelle Übertragung des Kohlenstoffrisikos ermöglicht.

3. Alle Akteure pro-aktiv einbeziehen
Wachsende regulatorische und öffentliche Überprüfungen in Verbindung mit dem Anstieg von Aktivismus in Gemeinden und von Akteuren erfordern, dass Führungskräfte proaktiv alle Beteiligten über geografische Grenzen hinweg einbeziehen, und zwar von dort, wo Rohstoffe bezogen werden, bis dorthin, wo sie verbraucht werden. Die aktive Einbeziehung aller Parteien in Verbindung mit einer umfassenden Kommunikationsstrategie ist nicht mehr nice-to-have, sondern eine Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung der Betriebserlaubnis und zur Abwehr von Vorwürfen des Greenwashings.

 

Quellen

1 Global Sustainable Investment Review 2020

2 Sustainable finance continues surge in 2021

WRITTEN BY

Björn Bernhardt

Managing Director, Energy Strategy & Consulting Practice Lead, DACH