Kronberg, 19. September 2016 – Die wirtschaftliche Bedeutung der Plattformökonomie hat in den letzten Jahren stark zugenommen, so eine neue Studie von Accenture und der G20 Young Entrepreneurs Alliance. Demnach wurden zwischen 2010 und 2015 weltweit fast 18 Milliarden Euro in Anbieter von digitalen Plattformen investiert. Besonders im letzten Jahr stieg das Interesse der Investoren stark an: 2015 steckten sie rund 10 Milliarden Euro in digitale Plattformen, mehr als doppelt so viel wie noch 2014. Plattformen werden damit immer mehr zu einem wichtigen Pfeiler der digitalen Wirtschaft und bieten Start-Ups wie auch etablierten Unternehmen neue Wachstumsimpulse. Jedoch gehen die für die Studie befragten Experten davon aus, dass sich nur einer von zehn Plattformanbietern langfristig etablieren wird.
Die Studie vergleicht außerdem, welche der 16 untersuchten Länder besonders gute Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum der Plattformökonomie bieten. Dafür wurde der ‚Platform Readiness Index’ entwickelt, der sich aus den fünf Pfeilern Zahl und Engagement der vernetzten Verbraucher, Zugang zu IT-Fachkräften und Unternehmertum‚ technologische Infrastruktur, Verbreitung von offenen Innovationsmodellen (Open Innovation) und politische und regulatorische Rahmenbedingungen zusammensetzt. Das Ranking wird von den USA angeführt, gefolgt von China und Großbritannien. Deutschland landet im globalen Vergleich nach Indien auf dem fünften Platz der Standorte mit den besten Voraussetzungen für die Plattformökonomie.
Deutschland schneidet besonders bei den politischen Rahmenbedingungen (Platz 1) und dem Zugang zu Fachkräften sowie der Unternehmerfreundlichkeit gut ab (Platz 3). Das Land punktet hier mit hohen regulatorischen Anforderungen bei der IT-Sicherheit und der Innovationsstärke seiner Wirtschaft. Bei der technologischen Infrastruktur belegt Deutschland ebenfalls einen der vorderen Ränge (Platz 5), landet bei den vernetzten Verbrauchern jedoch lediglich im Mittelfeld (Platz 7). Das ist vor allem auf eine angesichts seiner großen Bevölkerung vergleichsweise geringe Zahl von schnellen mobilen Internetzugängen und einer verhältnismäßig niedrigen Nutzungsrate von digitalen Inhalten wie Videos zurückzuführen.
Noch schlechter sieht es beim Thema ‚Open Innovation‘ aus – hier erreicht Deutschland nur den fünfzehnten und damit vorletzten Platz im internationalen Vergleich. Das liegt vor allem an der geringen Bereitschaft von Großunternehmen, den Innovationsprozess neu zu denken und verstärkt mit Start-Ups zusammen zu arbeiten.
„Die deutschen Unternehmen erschließen das große Potential, das in Open Innovation steckt, bisher nur unzureichend. Während die Unternehmen bei Forschung und Entwicklung bereits eng mit den hiesigen Universitäten zusammenarbeiten, werden Start-Ups längst noch nicht flächendeckend als Katalysator für Innovationen gesehen”, sagt Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland. „Die großen Unternehmen tun sich nach wie vor schwer damit, ihr geistiges Eigentum in offenen Innovationsökosystemen zu entwickeln und mit Start-Ups auf Augenhöhe zusammen zu arbeiten.”
Accenture und die G20 Young Entrepreneurs Alliance raten Unternehmen und Start-Ups daher, ihre eigenen Strukturen noch stärker an den Anforderungen der Plattformökonomie auszurichten. So sollten die etablierten Unternehmen beim Aufbau von Plattformen nicht nur bisherige Wertschöpfungsketten abbilden, sondern neue Geschäftsfelder auch außerhalb der eigenen Branche erschließen. Zudem müssen die Unternehmen viel stärker zur Einbindung externer Daten über offene Schnittstellen bereit sein, um eine Plattform mit Mehrwert für die Nutzer zu schaffen. Dafür ist auch ein Umdenken im Umgang mit geistigem Eigentum und Nutzerdaten gefordert. Statt Datensilos aufzubauen, sollten die Unternehmen die generierten Daten auch anderen zugängig machen und verstärkt darüber nachdenken, wie sich diese Daten monetarisieren lassen.
Den Start-Ups empfehlen die Autoren der Studie hingegen, ihre Rolle in der Plattformökonomie von vornherein klar zu definieren. So müssen sich Start-Ups die Frage stellen, ob sie als Anbieter oder Betreiber der Plattform auftreten, sich als Technologie-Partner verstehen, oder passende Services für existierende Plattformen entwickeln wollen. Weiterhin ist eine starke Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden, eine stetige Anpassung des Geschäftsmodells an das sich ändernde Kundenverhalten sowie die Skalierbarkeit des Angebots entscheidend für den Erfolg von Start-ups in der Plattformökonomie.
„Deutschland hat gute Voraussetzungen, um in der globalen Plattformökonomie eine wichtige Rolle zu spielen”, so Frank Riemensperger weiter. „Besonders gute Chancen sehe ich bei den B2B-Plattformen, die etwa mit Daten aus vernetzten Produktionsanlagen, Landmaschinen oder anderen Industriegütern gefüttert werden. Viele deutsche Firmen wie Siemens oder Bosch haben ihre Produkte bereits digital vernetzt und sind nun dabei, die damit gewonnenen Daten für neue, gewinnbringende Geschäftsmodelle zu nutzen. Für den Wettbewerb um die Industrie-Plattformen der Zukunft haben deutsche Unternehmen beste Voraussetzungen, da sie auf ihren traditionellen Stärken bei IT-Sicherheit, Datenschutz und technisch hervorragenden Produkten aufbauen können.”
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